Die aktuelle Krisensituation wirft viele Fragen auf, bietet aber grundsätzlich auch Chancen, durch einen guten Umgang mit Herausforderungen die Selbstkompetenz von Lehrkräften und Schüler*innen zu stärken: Durch die Erfahrung, Krisensituationen gemeinsam und flexibel mit Blick auf die Bedürfnisse des Einzelnen und der Gemeinschaft meistern zu können, werden Ressourcen generiert, auf denen alle am Schulleben Beteiligten aufbauen können, um den weiteren Herausforderungen der Corona-Krise gewachsen zu sein.
Bevor der Präsenznterricht nach einer Phase des alleinigen Distanzlernens wieder aufgenommen werden kann, gibt es einige grundsätzliche Überlegungen, die zu treffen und zu kommunizieren gilt:
Von den Lehrkräften wird aktuell mehr denn je Sicherheit und Orientierung erwartet. Daher wäre es wichtig, vorab gemeinsame Antworten auf die Fragen der Schüler*innen zu finden. Hier ist ein einheitliches Wording bezüglich neuralgischer Fragestellungen - z.B. Umgang mit den Online-Aufgaben- anzustreben, um Unsicherheiten bei Schüler*innen zu vermeiden.
Das Kollegium sollte deshalb vor dem Unterrichtsbeginn in einer Dienstbesprechung über alle Abläufe und Planungen im Detail informiert werden:
Vor allem mit Blick auf die letzte Frage ist es erforderlich, sich als Kollegium noch einmal die Empfehlungen zum Umgang mit schulischen Krisen (Krisenordner) zu vergegenwärtigen und ggf. weitere Absprachen zu treffen. Verweis
Es wäre außerdem hilfreich, den Kolleg*innen gebündelt eine kurze Übersicht über die Maßnahmen, die auf den Krisenfall Corona zutreffen, an die Hand zu geben; z.B. schulorganisatorische und schulfachliche Hinweise (Organisation von Unterricht, Umgang mit Leistungsbewertung etc.) , aber auch Informationen zu Hygiene.
Eltern und Schüler*innen sollten vor Unterrichtsbeginn von ihrer jeweiligen Schule in einem Anschreiben über die Abläufe des ersten Unterrichtstages informiert werden:
Wenn im Vorfeld keine Zeit mehr hierfür bleibt, werden die meisten Schüler*innen den Ort aufsuchen, an dem sie zu diesem Zeitraum nach regulärem Plan Unterricht hätten. Wenn Schulen davon abweichen, sollten Sie darauf ausreichend und deutlich an den Eingängen hinweisen.
Es ist dann -um Unsicherheiten zu vermeiden, notwendig, den Schüler*innen einen Elternbrief mit den og. Informationen mitzugeben.
Wer unterrichtet am 1. Schultag in welcher Lerngruppe/Klasse?
Es ist anzustreben, dass eine vertraute Person (Klassenlehrer*in) am ersten Schultag in der Klasse eingesetzt ist. Eine Kontinuität über den gesamten Unterrichtsvormittag ermöglicht ein vertieftes Gespräch mit den Schüler*innen und eine Strukturierung des Tages ohne Brüche.
Hierfür sollte ausreichend Zeit eingeplant werden, mindestens jedoch eine Unterrichtsstunde. Es ist auch denkbar, diese Phase über den gesamten Vormittag auszudehnen. Diese Frage ist abhängig von der schulinternen Organisation.
Grundsätzlich sollte der Unterricht zu Beginn jedoch dahingehend gestaltet sein, dass er Zeit und Raum bietet für die Auseinandersetzung mit dem Erlebten und erste Perspektiven für die Weiterarbeit gibt.
Das Ziel des ersten Schultages ist es, sich zunächst einen Eindruck des Ist-Stand bezüglich der Schüler*innen zu verschaffen: wer ist alles wieder da - in welcher Grundverfassung,- welche Fragen werden mitgebracht?
Hier kann die Nutzung von Screening-Verfahren und Umfragebögen hilfreich sein. (
Darüber hinaus soll der erste Schultag einen ersten Überblick in die (neue) schulische Realität bieten: Wie geht es in dieser und in den kommenden Woche(n) weiter?
Für den ersten Tag sollte eine Tagesstruktur („Stundenplan“/Tagesplan) in der Klasse visualisiert werden. Dies erfolgt je nach Altersstufe durch bekannte Piktogramme oder durch Begriffe. Gesprächsphasen und Arbeitsphasen sollten gleichermaßen mitgedacht werden, dennoch ist ein flexibles Handeln sicherlich an der ein oder anderen Stelle erforderlich.
Für die ersten Gespräche in der Klasse empfiehlt es sich, die sonstige Sitzordnung zugunsten eines Gesprächskreises aufzulösen. In Abhängigkeit von der Gruppengröße und auch der Altersstufe sind verschieden Methoden einzusetzen. (s.u. Anregungen zu Methoden)
Sofern es in der Klasse ritualisierte Gesprächsmethoden gibt, sollten diese aufgegriffen werden, um hier möglichst viel Sicherheit durch vertraute Abläufe zu bieten; neu in einer Lerngruppe eingesetzte Lehrkräfte können diese bei Bedarf bei den Schüler*innen erfragen..
Exkurs: Rituale- Sicherheit in der Verunsicherung bieten
Die Schule beginnt wieder, stellt sich aber für die Schüler*innen im Vergleich zu ihren bisherigen Schulerfahrungen deutlich verändert dar: Lerngruppen sind anders zusammengesetzt, der Schulalltag ist neu strukturiert, teilweise fehlen bekannte Bezugspersonen. Hier sind Hilfen zur Orientierung im sozialen Umfeld großer von Bedeutung. Rituale im Unterricht schaffen Orientierung und unterstützen Schüler*innen dabei, sich in eine soziale Ordnung einzufügen.
Gerade in Zeiten der Verunsicherung ist die Auswahl, Gewichtung und Strukturierung der Unterrichtsinhalte und vor allem das konkrete Unterrichtshandeln in besonderem Maße darauf ausgerichtet, einen Beitrag zur Entwicklung individuell bedeutsamer Kompetenzen zu leisten und den Schüler*innen Sicherheit zu geben. Entsprechend erhalten wiederkehrende Maßnahmen zur Unterrichtsgestaltung ein besonderes Gewicht.
Rituale sind ein fester didaktischer Bestandteil im Unterricht an Grund- und Förderschulen. Unter Einsatz von Symbolen und individuell ausgewählten Kommunikationsmethoden können strukturierte Tages- und auch Wochenabläufe und ein routiniertes Vorgehen bei wiederkehrenden Abläufen den Schüler*innen Handlungssicherheit sowie einen zeitlichen Orientierungsrahmen bieten.
Sie geben Sicherheit, auch in Bezug auf erwünschte Verhaltensweisen und fördern somit das Selbstwertgefühl der Schüler*innen. Dies stellt eine wichtige Grundlage für nachhaltiges Lernen dar. Sie unterstützen die Selbststeuerung und dienen auch der Verarbeitung von belastenden Lebenseindrücken.
Vor diesem Hintergrund ist auch der verstärkte Einsatz von Ritualen (sofern sie zur Altersgruppe passen) im Unterricht in der Sekundarstufe zu überdenken, um das Miteinander stärken und den Schülerinnen und Schülern im veränderten Schulalltag durch Routine Sicherheit zu vermitteln.
Dies bezieht sich besonders auf die folgenden Bereiche
In den Klassen, in denen bislang bereits Rituale eingesetzt wurden, muss geprüft werden, inwieweit sie unter den aktuellen Bestimmungen weiter genutzt werden können; ggf. müssen Modifikationen vorgenommen werden:
So kann in einer Gesprächsrunde, in der sonst ein Redestein von Hand zu Hand weitergereicht wird, vielleicht durch das Zurollen eines Gesprächsballes mit dem Fuß ersetzt werden.
Helfersysteme, bei denen Kinder für gewöhnlich „die Köpfe zusammenstecken“ können ebenfalls nicht in der gewohnten Weise erfolgen, sondern müssen durch Hilfen ersetzt werden, die auf die Ferne gelingen, z.B. Selbstkontrollblätter, Tippkarten etc.
Hilfreich ist es in jedem Fall neue Rituale gemeinsam mit den Schüler*innen zu entwickeln und zu erproben.
Weitere Anregungen können sein:
Es gibt drei inhaltliche Schwerpunkte, die zu besprechen sind:
In welcher Reihenfolge und mit welcher Methodik diese drei Aspekte mit den Schüler*innen besprochen wird, hängt maßgeblich von der Altersstruktur der Schülerinnen, aber auch von den Fragen ab, die die jeweiligen Gruppen äußern. Es erscheint aber in jedem Fall wichtig, alle drei Aspekte zu thematisieren, um allen gerecht zu werden.
Die nachfolgende Übersicht ist entsprechend als Anregung für einen möglichen Ablauf zu sehen.
Der Beginn des Tages sollte in der Lerngruppe gemeinsam erfolgen.
Blick auf die emotionale Lage:
Beispiel für eine mögliche Methode - das Stimmungsbarometer:
Die Schüler*innen geben eine Rückmeldung zu ihrer Stimmungslage.
In unteren Jahrgangsstufen bietet es sich an Bildkarten zu arbeiten, die beispielsweise Gesichtsausdrücke abbilden, gut nutzbar sind an dieser Stelle auch Wettersymbole – Sonne, Wolken, Blitz etc.
In höheren Jahrgangsstufen dagegen sollte eher mit verschriftlichten Ausdrücken
gearbeitet werden.)
Wenn viele sehr negative Erfahrungen vorherrschen, kann es bei jüngeren Schüler*innen auch hilfreich sein eine Übung anzuschließen, in der dieses Negative sinnbildlich weggeworfen wird. Dazu können Begriffe von den Schüler*innen aufgemalt oder geschrieben werden und anschließend reihum im einem Mülleiner reihum entsorgt werden. Ebenso können positive Aspekte in einer Schatzkiste gesammelt werden.
Blick auf das Lernen:
Beispiel für eine mögliche Methode – Satzanfänge:
Die Lehrkraft gibt als Impuls einen Satzanfang vor, der von den Schüler*innen individuell zu einem ganzen Satz vervollständigt wird. Mögliche Satzanfänge sind:
Ich fand es einfach, dass...; Ich war ganz aufgeregt, als... Ich war neugierig, als... Ich hätte mir gewünscht, dass... Ich freue mich, dass... , Ich war gelangweilt, als... Ich war frustriert, dass... )
Sachinformationen / Blick Struktur
Für ältere SuS zusätzlich:
Wir haben hier einige Methoden zusammengetragen, die für den ersten Schultag und seine besondere Situation hilfreich sein können.
Je nach hygienischen Vorgaben/Abstandsregelungen muss diese Auswahl ggf. eingeschränkt werden.
Methoden zur Impulssetzung und Strukturierung des Gesprächs mit Blick auf die emotionale Lage (Auswahl)
Methoden zur Impulssetzung und Strukturierung des Gesprächs mit Blick auf das Lernen (Auswahl)
Methoden zur Impulssetzung und Strukturierung des Gesprächs mit Blick auf die aktuelle Struktur von Schule (Auswahl)
Erstes Anknüpfen an schulische/fachliche Inhalte (Auswahl)
Bitte beachten Sie bei der Auswahl der Methoden die Hygienebestimmungen und das Platzangebot im jeweiligen Klassenraum.
Erläuterungen zu diesen und vielen weiteren Methoden finden sich unter:
https://www.schulentwicklung.nrw.de/methodensammlung/liste.php
https://www.bpb.de/shop/lernen/thema-im-unterricht/36913/methoden-kiste (download möglich)
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